Familienpsychologie - Mütter und ihr schlechtes Gewissen

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Ich habe ein schlechtes Gewissen!

„Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich zu wenig Zeit für meinen Sohn habe. Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich am Handy bin, während ich mit ihm spiele. Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn es drei Tage hintereinander Linsensuppe gibt. Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn mein Sohn zu lange fernsieht, Bonbons isst oder sich abends einmal nicht die Zähne putzt. Mich beschleicht das Gefühl, eine Versagerin zu sein. Alle anderen Mütter machen ihren Job besser als ich!“

So erklärte es mir eine Mutter heute.

Und damit ist sie nicht alleine. Mitlesende Mütter können bestimmt ein Lied von DEM SCHLECHTEN GEWISSEN singen. Doch woher kommt das?

Das schlechte Gewissen evolutionär erklärt

Ein schlechtes Gewissen könnte laut Evolutionsbiologen auf die Angst vor Ausstoßung aus der schützenden Gruppe zurückgehen. Früher war Gruppenzugehörigkeit entscheidend für das Überleben, da Ausgestoßene leichter Opfer von Raubtieren und Räubern wurden.

Das ist allerdings schon lange her.

Scham oder Schuldgefühle

Hinter dem schlechten Gewissen können aber auch Scham oder Schuldgefühle stecken. Und hier wird es komplizierter: 

  • Scham resultiert aus einem geringen Selbstwertgefühl und ist grundlegendes Gefühl ohne konkreten Auslöser

  • bei dem Schuldgefühl gibt es einen konkreten Anlass, weswegen man sich schlecht fühlt. Reales Beispiel: Ich habe das Lieblings-T-Shirt meines Sohnes bei 60 Grad gewaschen und es ist eingelaufen!

Schlechtes Gewissen aufgrund von geringerem Selbstwert

Das Schuldgefühl lässt sich leicht beseitigen. Meist eine Entschuldigung oder man sorgt für Ersatz, z.B. man kauft ein neues Lieblings-Shirt für den Sohn.

Beim geringeren Selbstwert ist es schwieriger.
Frauen haben oft einen geringeren Selbstwert als Männer, besonders in der westlichen Welt.

Studien belegen, dass der Selbstwert von Frauen stärker von der Umwelt beeinflusst wird (Bleidorn et al.).
Das heißt: Interessanterweise orientieren sich Frauen oft an einem idealen Vorbild. Das kann die super Instagram Mutti mit der Hochglanzwohnung sein oder die super gestylte Mutter, die immer pünktlich und top zurecht gemacht ihre top zurecht gemachten Kinder an der Schule abliefert, während du unter dem Mantel noch den Schlafanzug trägst.

Dass das auf Dauer ungesund ist, sich mit Super-Muttis zu vergleichen, leuchtet ein. Trotzdem streben viele Frauen nach dem Ideal und leiden unter dem schlechten Gewissen, weil sie diesem nicht gerecht werden können.
Diese innere Kritik kann zu Stressgefühlen und Schlafproblemen führen.

 

Dennoch: Schlechtes Gewissen ist aber auch gut

 

Die gute Nachricht: Es ist völlig normal, dass wir ein schlechtes Gewissen haben. Wir Menschen sollten unser Fehlverhalten erkennen und daraus lernen. Aber es ist wie mit allem: zu viel ist ungesund und unrealistische Vergleiche taugen nichts.

Merke:

  • Ein gewisses Maß an Mutter-Gewissen ist normal!

  • Aber übermäßige Selbstkritik wegen Unvollkommenheit ist bedenklich!

  • Wir Menschen sind nicht perfekt, wir lernen immer dazu (in meinem Fall: T-Shirts vertragen keine 60 Grad)

  • Super Muttis und Instagram-Vorbilder taugen nicht zum Vergleich.

  • Orientiere dich lieber an realistischen Vorbildern, davon gibt es genug. Das weiß ich. ;-)

  • Schalte die innere Kritikerin mal ab. Ist dir schon mal aufgefallen, wie unfreundlich sie zum Teil zu dir ist?

  • Akzeptiere Fehler und erkenne, dass Perfektion unrealistisch ist

Und was hilft der Familie?

Qualität statt Quantität: Nimm Dir ernsthaft Zeit für deine Kinder! Nicht die Menge an Zeit ist wichtig, die du mit deinen Kindern verbringst, sondern die Art und Weise WIE du es tust. Bedeutet: Spiel entweder mit dem Handy und beantworte E-Mails, oder spiel mit deinem Kind. Aber nicht beides zusammen.

Erlaube dir, die Kinder auch mal vor dem Fernseher zu parken – und mach in der Zeit ein Nickerchen. Mach dich deshalb nicht fertig, sondern feiere dich für die vielen kleinen Dinge, die du jeden Tag für deine Familie tust. Und lass uns nach realistischen Vorbildern suchen, das macht das Leben leichter.

Guter Abschluss des Tages

Ganz gleich, wie der Tag verlaufen ist, bemühe dich, die letzten Minuten vor dem Schlafengehen angenehm zu gestalten.
Teile vielleicht, was heute schön war oder wofür du dankbar bist.

Bei mir ist das so: in der Kommunikation mit meinem Sohn schätze ich Ehrlichkeit. Falls es tagsüber Konflikte gab, erkläre ich abends gerne, warum es dazu kam, um ihm zu versichern, dass er keine Schuld daran trägt. Oft entstehen Stress und Unmut nicht durch die Kinder, sondern durch andere Verantwortlichkeiten. Es ist wichtig zu erkennen, dass wir manchmal unsere Überlastung an den Schwächsten auslassen. Ich weiß, das mag nach Schuldgefühlen klingen. Doch wenn du einen positiven Abschluss für den Tag findest, wird dein schlechtes Gewissen nachts wahrscheinlich seltener aufwachen. ;-)

Achte auf Dich

Selbstfürsorge ist für uns Eltern eine der wichtigsten Pflichten. Bist Du ausgeglichen und glücklich, werden dich perfekte Vorbilder von Instagram ;-) nicht herunterziehen. Dein Selbstwert ist höher. Das schlechte Gewissen hat kaum eine Chance.

Nimm dir bewusst Zeit für die Dinge, die dir Freude bereiten.

Wir machen das super!

Auch ohne dich persönlich zu kennen, bin ich sicher, dass du eine großartige Mutter bist.

  • Du stehst jeden Tag auf, sorgst dafür, dass deine Kinder essen und trinken können!

  • Du gibst deinen Kindern ein sicheres Zuhause!

  • Deine Liebe für deine Kinder zeigt sich in den kleinen und großen Gesten!

  • Du hast dein Baby viele Wochen lang im Bauch getragen!

  • Du hast unzählige Nächte durchgemacht, es bis zur Erschöpfung gepflegt, gestillt und gewickelt!

Schuldgefühle

Zitation:

https://www.sciencealert.com/the-gap-between-men-and-women-s-self-esteem-is-larger-in-western-countries-study-finds

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26692356/